Der seit zwei Jahren andauernde massive Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine hat letztere zu einem wichtigen Gegenstand der politischen Auseinandersetzung in Deutschland gemacht. Allerdings spielen dabei noch immer historische Mythen und Unkenntnis eine nicht unwesentliche Rolle in der Debatte – etwa die Überzeugung, die Ukraine gehe uns nichts an und sei doch irgendwie bloß ein Teil Russlands.
Wie komplex die Geschichte des Landes eigentlich ist, zeigt der Sammelband der Historikerin Franziska Davies. In 17 Beiträgen behandeln internationale Historiker:innen und Publizist:innen die Geschichte und Gegenwart der vielfältigen Verflechtungen der Ukraine, z.B. mit Polen, Belarus oder Deutschland. So thematisieren mehrere der Essays, warum das Land lange Zeit ein blinder Fleck für die Deutschen war und wie hierzulande weiterhin existierende imperialistische Denkmuster, die Idealisierung Russlands oder einfach Ignoranz gegenüber der Ukraine fortwirken. Interessante Einsichten liefert der Band außerdem zum komplizierten Verhältnis der Ukraine zu Polen, zum Holodomor, zum ukrainischen Nationalismus oder zur Radikalisierung Russlands seit den 1990er Jahren.