Die Wahlergebnisse in Sachsen und Thüringen werfen einmal mehr die Frage auf, warum Parteien wie AfD und BSW, die das liberale Staatssystem der Bundesrepublik stark infrage stellen, in Ostdeutschland besonders erfolgreich sind. Ilko-Sascha Kowalczuk führt dies in seinem Buch vor allem auf den “Freiheitsschock” zurück, den die Ostdeutschen nach der Wiedervereinigung erfahren hätten: Viele von ihnen fremdeln aus seiner Sicht immer noch mit der westlichen Demokratie, empfinden Freiheit und die offene Gesellschaft eher als Zumutung denn als Chance.
Um seine These zu untermauern, thematisiert der Publizist und Historiker die weiterhin vorhandenen autoritären Staats- und Demokratievorstellungen im Osten und verweist auf die fehlende Zivilgesellschaft in der DDR. Zugleich betrachtet er die Frustrationen des Vereinigungsprozesses sowie die daraus resultierende Geschichtsverklärung und das Selbstmitleid bei vielen Ostdeutschen. Ein Beispiel sind die „Putin-Nichtversteher“, die aufgrund ihrer Ablehnung gegenüber dem Westen mit Russland sympathisieren, aber den autokratischen Imperialismus der ehemaligen “Großen Bruders” nicht wahrhaben wollen. Kowalczuk mischt dabei durchaus Analyse mit Polemik, da er die Ostdeutschen aufrütteln möchte: weg von ihrer Opferrolle und einem verklärten Blick auf die DDR, hin zu mehr aktiver Eigenverantwortung.
„Ein brennend wichtiges, schmerzhaftes Buch, das den Homogenitätsfetisch der DDR in einen großen historischen Zusammenhang stellt und seine Nachwirkungen bis heute erklärt.“
Natascha Freundel, rbb Radio3
Interview mit Ilko-Sascha Kowalczuk im SWR.
Key Facts
- Autor: Ilko-Sascha Kowalczuk
- Verlag: C.H.Beck
- Erschienen am 21. August 2024
- Seiten: 240
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